Erkrankung der weissen Linie – Fachinformationen für Hufexperte und Tierärzte
White Line Disease (WLD) und die hohle Wand sind häufig übersehene Hufpathologien bei Pferden und Eseln, die jedoch die Stabilität der Hufkapsel stark beeinträchtigen können. Beide Erkrankungen betreffen die weisse Linie, also die Verbindung zwischen Hufwand und Sohle, und werden oft erst in fortgeschrittenen Stadien erkannt. Für Hufpfleger, Hufschmiede und Tierärzte ist es entscheidend, die Unterschiede, Ursachen und die richtige Vorgehensweise zu kennen, um die Hufgesundheit langfristig zu sichern.
Definitionen und Pathologie
White Line Disease (lose Wand / Seedy Toe) beschreibt die pathologische Trennung zwischen Hornwand und Hornsohle. Mikroorganismen wie Bakterien und Pilze dringen in das Horn ein, was zu einer fortschreitenden Zersetzung führen kann. Besonders in Frühstadien ist die Erkrankung oft asymptomatisch – Pferd oder Esel zeigen keine Lahmheit.
Die hohle Wand entsteht meist als Folge einer fortgeschrittenen WLD. Innerhalb der Hufwand bildet sich ein Hohlraum, typischerweise zwischen Laminae und Röhrchenschicht. Ohne fachgerechte Behandlung kann dies zur Instabilität der Hufkapsel führen, was die Tragfähigkeit des Hufs massiv beeinträchtigt.
Ursachen und Risikofaktoren
Die Entstehung von WLD ist multifaktoriell. Mechanische Überlastung, Hufrehe oder Fehlstellungen begünstigen das Eindringen von Mikroorganismen. Auch Umweltbedingungen wie feuchte oder sehr weiche Böden sowie eine brüchige Hornqualität erhöhen das Risiko. Besonders überlange Zehen verstärken die Hebelwirkung auf die Zehenwand und begünstigen die Ausbreitung der Infektion.
Typische Risikofaktoren auf einen Blick:
- Akute oder chronische Hufrehe
- Fehlstellungen wie Bockhuf oder mediale/laterale Wandüberlastung
- Überlange Zehen und mechanische Überlastung
- Schwache oder brüchige Hornstruktur
- Feuchte, unhygienische Haltungsbedingungen
- Genetische Prädisposition (besonders bei Eseln)
Seedy Toe ist eine lokal begrenzte Form der WLD, die typischerweise im Zehenbereich auftritt. Sie entsteht häufig durch ungleichmässige Belastung oder unpassenden Beschlag.
Diagnostik und klinische Zeichen
Die frühzeitige Diagnose ist entscheidend. Typische klinische Zeichen sind grau-weisses, bröckeliges Horn entlang der weissen Linie, teilweise mit Schmutz oder Fremdkörpern. Ein charakteristisches Merkmal der Hohlen Wand ist der hohle Klang bei der Klopfprobe. Die Sondierung zeigt das Ausmass der Unterminierung.
Hilfreiche diagnostische Massnahmen:
- Röntgenaufnahmen zur Beurteilung der Tiefe und Abgrenzung gegenüber Hufabszessen oder laminitischen Veränderungen
- Regelmässige Kontrolle der weissen Linie, um kleine Spalten früh zu erkennen
- Beobachtung der Lahmheit und Sensibilität im Zehenbereich
Vergleich WLD vs Seedy Toe:
Merkmal | Erkrankung der weissen Linie | Speedy Toe | |
Lokalisation | Überall in der weissen Linie
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Ursache | Infektion (Bakterien/Pilze)
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Lokale Variante, mechanisch
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Ausbreitung | Grossflächig
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Meist auf Zehe begrenzt
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Symptome |
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Riss an der Zehe, Hohlraum, evtl. Schmerz
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Schwere | Sehr ernst | Meist milder, kann fortschreiten
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Therapie und Management
Die Behandlung von WLD beginnt mit der Entfernung aller nekrotischen Hornanteile, um die mikrobielle Besiedlung zu stoppen. Anschliessend kommen lokale Antiseptika, wie Carré Horn Pads mit Al Co Cid-Liquid, zum Einsatz. Parallel müssen Stallhygiene und Feuchtigkeitsreduktion optimiert werden. Grunderkrankungen wie Hufrehe oder Fehlstellungen sollten ebenfalls behandelt werden.
Bei Hohler Wand ist wichtig:
- Resektion betroffener Wandabschnitte bis ins gesunde Horn
- Orthopädische Hufbeschläge oder temporäre Kunsthornaufbauten zur Stabilisierung
- Regelmässige Desinfektion (CleanTrax, Kupfersulfat-Gel, Jodlösungen)
- Trockene Unterbringung, um Neubesiedelung zu verhindern
Die Kooperation von Tierarzt und Hufschmied ist entscheidend: Der Hufschmied sorgt für mechanische Stabilität durch korrektive Beschläge oder Epoxidaufbauten, während der Tierarzt Diagnostik, Ausschluss anderer Ursachen, Schmerztherapie und Beratung zu Hornaufbaupräparaten übernimmt. Regelmässige Nachkontrollen alle 2–3 Wochen sichern den Behandlungserfolg.
Prognose
Früh erkannte und konsequent behandelte Fälle haben eine gute Prognose. Spät erkannte oder unbehandelte Fälle können jedoch zur Instabilität der Hufkapsel, Rotation oder Senkung des Hufbeins führen. Schwere Verläufe erfordern eine langfristige, interdisziplinäre Betreuung.
Prävention
Prophylaxe ist der Schlüssel, um WLD und Hohle Wand zu vermeiden.
Empfohlene Massnahmen:
- Regelmässige Hufbearbeitung alle 4–6 Wochen
- Kontrolle und Korrektur überlanger Zehen
- Tägliches Auskratzen der weissen Linie
- Saubere und trockene Stall- und Weidebedingungen
- Früherkennung laminitischer Veränderungen